Vertreter des Jugendamts bedroht

Traunreut (Landkreis Traunstein)  

Entführte Kinder bei Oma - Vater festgenommen

Unter dem Verdacht, seine beiden fünf und sechs Jahre alten Kinder entführt zu haben, ist ein 30-jähriger Mann Samstagabend in Traunreut festgenommen worden. Seine zwei Kinder wurden bereits zuvor bei der Großmutter aufgefunden.

Entdeckt wurde der Mann bei einer Großaktion der Polizei am Stadtrand, nur wenige Kilometer von dem Spielplatz entfernt, an dem er 24 Stunden vorher seine fünf und sechs Jahre alten Töchter mitgenommen hatte. Die beiden Kinder waren bereits Samstagvormittag wohlbehalten bei ihrer Großmutter in Traunreut aufgetaucht. Der Mann ließ sich widerstandslos festnehmen und soll am Sonntag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Gegen ihn will die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen räuberischer Erpressung beantragen.

Die Polizei suchte mit einem Großaufgebot nach dem 30-Jährigen. Im Einsatz waren Diensthundeführer, Kräfte der Bereitschaftspolizei und ein Polizeihubschrauber.

Vertreter des Jugendamts bedroht

Der von seiner Frau getrennt lebende Mann hatte von einem Gericht ein eingeschränktes Besuchsrecht bei den Kindern zugesprochen bekommen und verbrachte die ihm zustehenden zwei Stunden pro Woche am Freitag auf einem Spielpatz in Traunreut. Mit dabei war auch ein Vertreter des Jugendamts, der sich seit mehreren Jahren um die Familie kümmert. Dieser gab an, von dem 30-Jährigen mit einem Messer bedroht worden zu sein. Dann sei der Mann mit den Kindern gemeinsam zu Fuß in Richtung Innenstadt gegangen und verschwunden.

Offensichtlich genügte dem 30-Jährigen die Zeit zwischen dem Vorfall und dem Eintreffen der Polizei, um mit seinen Töchtern unterzutauchen. Die ganze Nacht über suchte ein Großaufgebot der Polizei in Traunreut nach dem Mann mit den Mädchen. Die Kinder standen am nächsten Tag bei ihrer Oma vor der Tür.

Wohl keine Gefährdung der Kinder

An eine konkrete Gefährdung der Kinder glaubte die Polizei angesichts der Einschätzung des Familienbetreuers allerdings zu keinem Zeitpunkt. Offensichtlich wollte der Vater lediglich mehr Zeit mit den Mädchen verbringen, als ihm gesetzlich zusteht.

 

Quelle

 

Jugendamt Regensburg als Staatsmacht

 

 

15.10.2011

Regensburg


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Kindesentzug:


Wenn das Jugendamt das Baby holt

Bianca Frisch darf ihr drei Monate altes Baby nicht erziehen – sie hat psychische Probleme, wurde als Kind sexuell missbraucht. Das Jugendamt fürchtet sich vor der Mutter, hat Angst um ihren kleinen Luca. Die Geschichte eines Kindesentzugs, die viele Fragen offen lässt.

Nichts ist verletzlicher als ein kleines Baby. Es ist gerade erst ein paar Wochen auf der Welt, schutzlos ist es seiner Umwelt ausgeliefert. Nur eine Bande ist so stark, als wäre die Nabelschnur noch vorhanden, wenn auch nicht mehr körperlich: Eine Mutter und ihr kleines Kind sind zwei unzertrennliche Geschöpfe.


Diese Bande sind unzertrennlich. Außer der Staat greift ein.

Und der wittert bei Bianca Frisch, 35, Gefahr. Für ihr Kind. Darum ist der kleine Luca, gerade einmal drei Monate alt, nicht mehr bei seiner Mutter. Darum weint Bianca Frisch. Jeden Tag.

Seit jenem August-Tag, als die Staatsmacht in die Klinik kam in München-Haar, wo die Regensburgerin auf einer Mutter-Kind-Station lag – ihren kleinen Luca im Arm wiegend. Glücklich. Verletzlich. Der Staat kam, nahm ihren Luca mit. Seither darf sie ihn nur selten sehen. Oft weint sie dabei. Das Leben von Bianca Frisch, es lief nie besonders gut – jetzt hat es einen Tiefpunkt erreicht.


Die 35jährige wollte den kleinen Luca nie. Der Vater kümmert sich nicht um sie, auch nicht um sein Kind. Dennoch entscheidet sich Bianca Frisch, das Kind zu bekommen – Luca kommt am 7. Juli 2011 zur Welt. Doch ist Bianca Frisch dem gewachsen?


Die 35jährige ist eine kranke Frau. Oft war sie im Bezirkskrankenhaus. Sie hat Angststörungen. In ihrem Krankenbericht steht, sei sei einst sexuell missbraucht worden. In lateinischem Fachkauderwelsch breiten die Ärzte auf vielen Seiten ein Drama aus, das für die Mutter des kleinen Luca nicht nur eine grausam trockene Beschreibung ihres Lebens ist. Es ist auch ein Urteil über sie: Sie darf ihre Mutterrolle nicht einnehmen. Der Staat sagt, sie sei eine Gefahr für ihr Kind.

Das ist die eine Seite. Es ist die Geschichte der Bianca Frisch, die ihren kleinen Luca in die Hände einer Pflegefamilie geben muss. Es gibt eine andere. Die des Jugendamtes Regensburg.

„Aus Sicht des Amtes für Jugend und Familie liegt hier eine Gefährdung (…) bei dem Kind vor. Die Kindsmutter ist nicht in der Lage, oder, zum Teil auch wegen fehlender Einsicht, nicht gewillt, eine Gefährdung für das Kind, etwa durch eine fehlende Versorgung, abzuwenden.“

Das ist das Urteil über Bianca Frisch, das ist das Urteil über den kleinen Luca, ein Familiengericht in Regensburg bestätigt es. Luca wird der Mutter weggenommen.

Jetzt kämpft die Mutter, unterstützt von einem Freund, der auch der Patenonkel des kleinen Luca ist. Sie haben sich an die Regensburger Rechtsanwältin Alexandra Glufke-Böhm gewandt. Am vergangenen Donnerstag traf man sich im Jugendamt zu einer Besprechung.


Die Gutachten über Bianca Frischs Angststörungen, Psychosen und bulemische Attacken lesen sich bedrohlich. Vier mal war sie in den letzten Jahren im Bezirkskrankenhaus zur Behandlung. Dort attestiert man der Mutter, sie sei wenig kooperativ gewesen, als man ihr das Kind nahm – daraufhin wurde sie eingewiesen. In dem Gutachten steht auch: „Sie war sehr liebevoll im Kontakt zu Luca.“


Und dann war da noch ein Medikament, Tavor. Es fällt unter das Betäubungsmittelgesetz. Das Jugendamt sagt, Bianca Frisch sei süchtig danach.Bianca Frisch sagt, man habe ihr in den Kliniken das Medikament gegeben. Jetzt mache man ihr das zum Vorwurf.


Das Jugendamt Regensburg hat im Jahr 2000 insgesamt 30 Inobhutnahmen angeordnet. Das ist die Ultima Ratio, wenn das Kindswohl gefährdet ist, dann übernimmt der Staat eine große Verantwortung.Im Jahr 2010 waren es 127. Und 2011 werden es noch mehr sein.

Es gibt kaum einen Job bei der Stadt Regensburg, der den Mitarbeitern so viel persönliches Engagement abverlangt. Der Druck ist immens. „Ein Fall ist ein Fall zuviel“, hat Bürgermeister Joachim Wolbergs stets betont. Er weiß: Wenn etwas geschieht, dann ist alles zu spät.

Denn es gibt sie, die Fälle, die uns erschüttern. Die Opfer heißen etwa Lea-Sophie oder Sarah. Ihre Mütter wurden den Kindern zum Verhängnis. Doch ist auch Bianca Frisch eine solche Mutter? Ist sie eine Gefahr für ihr eigenes Kind?

Die Richter und das Jugendamt müssen ein Drama im Vorfeld erkennen, damit es nie so weit kommt. Vorverurteilung ist ein hartes Wort. Doch Bianca Frisch ist vorverurteilt, ihrem Kind weh zu tun – das sie so liebt. Dabei hat sie ihm nichts getan. Sie will Luca nur lieben.

 

Quelle