Amtsvormund - Aufgaben eines Vormundes -

Aufgaben des Amtsvormunds

 

Die elterliche Sorge teilt sich in die Personensorge und die Vermögenssorge. Der Amtsvormund übernimmt die Aufgaben, die ihm übertragen wurden, nachdem die Eltern nicht oder nicht mehr zu deren Wahrnehmung in der Lage bzw. berechtigt sind. Insofern hat die Wahrnehmung der Vormundschaft Auswirkungen auf alle Belange des täglichen Lebens des Mündels. Dabei hat der Amtsvormund nicht nur die rechtlichen Interessen des Kindes oder Jugendlichen zu vertreten. Er hat sich auch um dessen persönliche Belange zu kümmern sowie den Mündel persönlich zu fördern und seine Erziehung zu gewährleisten. Diese Aufgabe kann nicht an die Mitarbeiter/innen des Sozialen Dienstes oder die Pflegeperson übertragen werden.

 

Es sind im Einzelnen beispielhaft folgende Aufgaben wahrzunehmen, die nicht den Mitarbeitern des Sozialen Dienstes oder den Pflegepersonen überlassen werden können:

 

Im Rahmen der Personensorge

  • Bestimmung des Aufenthalts

    • Bestimmung von Wohnort und Wohnung (z. B. Abschluss von Mietverträgen)

    • Unterbringung bei Pflegepersonen oder Verwandten, in Einrichtungen der Jugendhilfe usw.

    • Antrag auf Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung (§ 1631b BGB)

    • Wahrnehmung der Meldepflichten

    • Beantragung von Ausweisen

    • Entscheidungsbefugnis über die Herausgabe des Kindes oder Jugendlichen

  • Regelung des Umgangs

  • Sicherstellung des Lebensunterhalts und Versicherungsschutz

    • Beantragung und Inanspruchnahme von Sozialleistungen

    • Regelung aller Rentenangelegenheiten (Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz)

    • Beantragung sonstiger Ansprüche (z. B. Kindergeld, BAföG, BAB)

    • Abschluss von Versicherungsverträgen (z. B. Kranken-, Haftpflicht-versicherung)

  • Geltendmachung der Unterhaltsansprüche

  • Sicherstellung von Pflege und Erziehung

    • Bestimmung der Erziehungsziele

    • Beaufsichtigung der Erziehung durch regelmäßige Kontakte zur Pflegeperson und zum Mündel

    • Teilnahme an Hilfeplangesprächen als Personensorgeberechtigter (§ 36 SGB VIII)

    • Wahrnehmung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 5 SGB VIII)

    • Beachtung des Selbstbestimmungsrechts des Mündels durch regelmäßige Gespräche und gegenseitige Information zur Vertrauensbildung

    • Einwilligung zur Taufe, Kommunion, Konfirmation usw.

  • Sicherstellung der Gesundheitsfürsorge

    • Sorge für die notwendige medizinische Betreuung

    • Regelmäßige Gesundheitsvorsorge

    • Einwilligung zu medizinischen Maßnahmen und Eingriffen (z. B. Operationen, Impfungen, Bluttransfusionen usw.)

    • Veranlassung notwendiger medizinischer Untersuchungen

    • Beantragung medizinischer Hilfsmittel

  • Sicherstellung von Schul- und Berufsausbildung

    • Auswahl des Kindergartens und der Schule

    • Entscheidungsfindung zum Schul- und Berufsweg

    • evtl. notwendige persönliche Gespräche mit Betreuern, Lehrern oder Ausbildern

    • Auswahl von Ausbildungsstellen und Abschluss von Ausbildungsverträgen

  • Klärung status- und namensrechtlicher Fragen

    • Klärung der Vaterschaft durch Zustimmung zur Anerkennung
      (§ 1595 Abs. 2 BGB)

    • Vertretung des Mündels im gerichtlichen Feststellungs- oder Anfechtungsverfahren (§§ 1600, 1600 e BGB)

    • Mitwirkung im Adoptionsverfahren (§§ 1746, 1748 BGB)

    • Vertretung bei Namensänderung (§§ 1616 ff, 1757 BGB)

    • bei ausländischen Mündeln: Asyl-, Aufenthaltsberechtigung, usw

 

Im Rahmen der Vermögenssorge

  • Prüfung, Geltendmachung und Regelung von Erbansprüchen einschließlich der Entscheidung über die Erbausschlagung und die Nachlassinsolvenz

  • Anlage eines Vermögensverzeichnisses

  • Anlage des Mündelvermögens (mündelsicher)

  • ggf. Verwaltung von bebauten/unbebauten Grundstücken

  • Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

 

Vormundschaft

 

Unter Vormundschaft versteht man

 

a) die gesetzlich geregelte rechtliche Fürsorge für eine unmündigePerson (das so genannte Mündel, veraltet auch Vogtkind), der die Geschäftsfähigkeit fehlt, sowie für deren Vermögen

 

b) im Mittelalter den Kirchenvorstand (die Vormünder) als weltliche Hilfe der Pfarrer.

 

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Begrifflichkeiten

     

  • 2 Rechtslage in Deutschland

    • 2.1 Begriffsabgrenzungen

    • 2.2 Rechtsgrundlagen

    • 2.3 Verfahrensweise

      • 2.3.1 Anordnung der Vormundschaft durch das Gericht

         

      • 2.3.2 Bestimmung eines Vormunds durch die Eltern

    • 2.4 Rechte und Pflichten eines Vormunds

    • 2.5 Vereins- und Amtsvormundschaft

    • 2.6 Rechte des Mündels

    • 2.7 Pflicht zur Übernahme einer Vormundschaft

    • 2.8 Beendigung der Vormundschaft

  • 3 Rechtslage in Österreich

  • 4 Siehe auch

  • 5 Einzelnachweise

  • 6 Literatur

 

Begrifflichkeiten


Das Wort Vormundschaft ist auf den althochdeutschen Wortstamm «munt» zurückzuführen. Munt heißt soviel wie Schirm oder Schutz.


Ein Vormund(veraltet auch Gerhab) ist eine Person, die mit der Vormundschaft betraut ist. Sie fungiert damit als gesetzlicher Vertreterdes Mündels. Bei Letzterem handelt es sich in Deutschland seit der Betreuungsrechtsreformvon 1992 stets um eine minderjährigePerson, für die eine elterliche Sorgeentweder nicht besteht oder deren Eltern in den personen- und vermögensrechtlichen Angelegenheiten nicht zur Vertretung berechtigt sind. Ein Vormund kann auch bestellt werden, wenn der Familienstanddes Kindes nicht zu ermitteln ist.


Volljährige können in Deutschland seit 1992 nicht mehr entmündigt und unter Vormundschaft gestellt werden. Stattdessen kann das Gericht eine Betreuunganordnen. Auch in Österreich heißt das vergleichbare Schutzinstitut für Erwachsene schon seit 1984 Sachwalterschaft.


In der Schweizexistiert hingegen auch weiterhin eine Vormundschaft für Volljährige, die eine Entmündigungvoraussetzt (Geregelt ist die ganze Thematik im Zivilgesetzbuch). Gleiches gilt für die Rechtssysteme vieler anderer Länder, darunter auch solche mit deutschsprachiger Rechtspraxis wie Italien, Luxemburgund Belgien.


Das grammatische Geschlechtdes Wortes Vormundist maskulin; eine feminineForm ist dem deutschen Sprachgebrauch grundsätzlich fremd, so dass in der Regel auch Frauen als der Vormundzu bezeichnen sind. In der Schweiz, wo man sich besonders eifrig um geschlechtergerechte Sprachebemüht, werden dagegen für weibliche Vormunde die feminin konstruierten Formen Vormundinoder Vormündinempfohlen.[1]Von einer veralteten Form Vormunderbzw. Vormünderabgeleitet[2]sind der Plural Vormünder[3]und die heute noch in der Verwaltungssprachenachweisbare weibliche Form Vormünderin[4][5]. Als grammatisches Geschlecht des Wortes Mündelwird im deutschen BGBdas Neutrumverwendet, laut Duden ist aber auch das Maskulinum(derMündel) möglich.


Rechtslage in Deutschland


Begriffsabgrenzungen


Vormundschaft und Pflegschaft:Die Vormundschaft ist von der Pflegschaft(§§ 1909 - 1921 BGB) zu unterscheiden, die nur den Schutz eines begrenzten Kreises von Angelegenheiten zum Gegenstand hat. Stellt man sich die elterliche Sorgeals Kuchen vor, so umfasst eine Vormundschaft den gesamten Kuchen, also die Vermögenssorge und die Personensorge (§ 1631BGB). Eine Pflegschaftbezieht sich dagegen nur auf einzelne Stücke des Kuchens, zum Beispiel die Gesundheitssorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht.


Vormundschaft und Betreuung:Eine Vormundschaft über Volljährige, wie sie früher im Falle einer Entmündigungeintrat, gibt es in Deutschland nicht mehr. An ihre Stelle ist seit dem 1. Januar 1992 das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuunggetreten (§§ 1896 - 1908i BGB).

 

Rechtsgrundlagen


Die Bestimmungen zur Vormundschaft stehen in §§ 1773 – 1895 BGB.

 

Verfahrensweise


Anordnung der Vormundschaft durch das Gericht


Ein Gericht kann die Vormundschaft für eine minderjährige Person anordnen, wenn beispielsweise ihre Eltern verstorben sind oder ihnen das Sorgerechtentzogen wurde. Als Vormund können geschäftsfähigePersonen, mehrere Personen (beispielsweise ein Ehepaar), das Jugendamtoder ein Verein berufen werden.


Die Vormundschaft wird vom Familiengerichtin drei Fällen von Amts wegenangeordnet:

  • wenn ein Minderjähriger nicht unter elterlicher Sorge steht (weil beispielsweise die Mutter unverheiratet und minderjährig ist, § 1791c BGB)

  • wenn die Eltern zur Vertretung des Minderjährigen nicht berechtigt sind (weil zum Beispiel das Familiengericht ihnen die elterliche Sorge entzogen hat oder die elterliche Sorge ruht, weil die Eltern unbekannten Aufenthaltes sind, § 1666, § 1673, § 1674 BGB)

  • wenn der Familienstand des Minderjährigen nicht zu ermitteln ist (Findelkind)

  • während der Adoption eines Minderjährigen (§ 1751 BGB)

 

Bestimmung eines Vormunds durch die Eltern


Die Eltern können durch letztwillige Verfügungbestimmen, zu wem im Falle eines frühen Todesdie Kinder kommen sollen. Sie benennen einen Vormund, der die Aufgaben der elterlichen Sorge übernehmen wird. Das Familiengerichtist an die Entscheidung der Eltern grundsätzlich gebunden, insofern sie dem Wohl des Kindes/der Kinder dient, es sei denn, dass der Vormund verhindert ist oder die Übernahme der Vormundschaft verzögert.


Ein Mündel, welcher das 14. Lebensjahr vollendet hat, und nicht vollständig geschäftsunfähigist (in der Regel sind Kinder ab Vollendung des 7. Lebensjahrs beschränkt geschäftsfähig), kann der Bestellung einer bestimmten Person als Vormund widersprechen. Als Vormund generell nicht in Betracht kommen Personen, welche selbst geschäftsunfähig sind oder unter Betreuung stehen. Wunschkandidaten der Eltern sind oft die Paten. Sie müssen jedoch vorher gefragt werden, denn sie sind vom Gesetz her nicht zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet, sondern haben nur im Rahmen ihrer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten (§ 1786BGB) mitzuwirken.


Rechte und Pflichten eines Vormunds


Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere das Mündel zu vertreten. Ist der Vormund nicht durch die Eltern letztwillig bestimmt worden, hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Jugendamtes den Vormund auszuwählen.


Der Vormund benötigt für zahlreiche Rechtshandlungen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, vgl. §§ 1809 ff, 1821 - 1824 BGB. Er hat dem Gericht gegenüber regelmäßig zu berichten und die Vermögensverwaltung nachzuweisen (§§ 1802, 1839 ff. BGB).


Soweit der Vormund Mündelgeldverwaltet, hat er es grundsätzlich mündelsicher§ 1807ff. BGB) anzulegen. Bei größerer Vermögensverwaltung kann dem Vormund (nicht dem Amtsvormund) ein Gegenvormundzur Seite gestellt werden.


Ein ehrenamtlicher Vormund erhält seine Aufwendungenersetzt (§ 1835BGB), zur Vereinfachung kann er jährlich eine Aufwandspauschale von 323,-- Euro beantragen (§ 1835aBGB). Beruflich tätige Vormünder (meist Sozialarbeiter) erhalten zusätzlich eine Vergütung, die stündlich zwischen 19,50 und 33,50 Euro liegt (§§ 1- § 3Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz- VBVG) und die bei Mittellosigkeit des Mündels gemäß § 1836dBGB aus der Justizkasse bezahlt wird.


Vereins- und Amtsvormundschaft


Ist eine geeignete Einzelperson als Vormund nicht vorhanden, kann ein rechtsfähiger Verein, der vom Landesjugendamthierzu als geeignet erklärt wurde (Vereinsvormundschaft, § 54, § 1791aBGB) oder das Jugendamtselbst (Amtsvormundschaft, §§ 55 ff. SGB-VIII; §§ 1751, 1791b, c BGB) geführt werden. Das Jugendamt muss einen seiner Mitarbeiter mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Vormundes beauftragen (§ 55, § 56 SGB-VIII).

 

Rechte des Mündels


Hat das Mündel das 14. Lebensjahr vollendet, kann es die Berufung einer Person zu seinem Vormund verhindern, wenn es mit dieser Person nicht einverstanden ist.


Pflicht zur Übernahme einer Vormundschaft


Jeder Deutsche ist zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet, wenn er vom Vormundschaftsgericht dazu berufen wird und keine Gründe dagegen sprechen (§ 1786 BGB). Ein Grund zur Ablehnung beziehungsweise zur Untauglichkeit zu einer Vormundschaft ist:

  • die Eltern haben, als sie noch dazu berechtigt waren, die Vormundschaft dieser Person ausgeschlossen,

  • die Ausübung der Vormundschaft würde die Sorge des berufenden Vormundes für dessen eigene Familie entscheidend erschweren,

  • er (der berufene Vormund) hat das 60. Lebensjahr vollendet,

  • er hat für mehr als drei minderjährige Personen zu sorgen,

  • er ist durch Krankheit zur Ausübung der Vormundschaft nicht fähig,

  • er wohnt zu weit vom Mündel entfernt,

  • er führt bereits mehr als eine Vormundschaft.

 

Beendigung der Vormundschaft

 

Die Vormundschaft endet, wenn

  • das Mündel stirbt (§§ 1698a, 1893 BGB),

  • das Mündel volljährig wird, also das 18. Lebensjahr vollendet

  • die unverheiratete minderjährige Mutter des Mündels volljährig wird,

  • das Mündel rechtskräftig adoptiert worden ist oder

  • die Gründe für die Einrichtung der Vormundschaft weggefallen sind und das Gericht den Beschluss aufhebt, mit dem die Vormundschaft eingerichtet wurde (zum Beispiel elterliche Sorge ruht nicht mehr beziehungsweise wird dem Elternteil erneut übertragen).

Rechtslage in Österreich


Für Minderjährige wird der Begriff Obsorgeverwendet, die üblicherweise die Eltern innehaben, aber auch an andere übertragen werden kann, etwa an Pflegeeltern. Der Obsorgeberechtigte ist der Erziehungsberechtigte, der Vormund für Minderjährige.


Für Erwachsene, die ihre Geschäfte nicht ohne Nachteil für sich selbst besorgen können, gibt es seit 1984 die Sachwalterschaft(Kuratel). Der Sachwalter (Kurator) wacht dann über jene Teile, für die er eingesetzt wurde. In älteren Gesetzen ist noch die Bezeichnung Vormundschaft enthalten.


Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Vormundschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

  • Adventizien

  • Betreuung

  • Entmündigung

  • Mündelgeld

  • Pflegschaft

  • Sachwalterschaft

Einzelnachweise

  1. Quelle: Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten (Hrsg.): Von Amtsfrau bis Zimmerin - Wörterbuch für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache (online in Auszügen abrufbar bei der Fachstelle für Gleichstellung von Frauen und Männern der Universität St. Gallen)

  2. Lemma Vormunder. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (www.woerterbuchnetz.de). und die folgenden Vormünder, Vormünderin, Vormünderschaft

  3. Deutsches Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern

  4. ↑ Globalrichtlinie GR J 6/99 der Freien und Hansestadt Hamburg (Abschnitte 4 und 5)

  5. ↑ Stellenausschreibung des Landes Berlin, Juni 2010] (Kennzahl 4040-V, gesehen am 15. Januar 2011)

Literatur

  • Bienwald: Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungsrecht in der sozialen Arbeit, 3. Aufl. Heidelberg 1992, ISBN 3-8226-0892-0

  • Oberloskamp (Hrsg.): Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige; 3. Aufl. München 2010, ISBN 978-3-406-58184-7

  • Mirjam Heider: Die Geschichte der Vormundschaft seit der Aufklärung. Baden-Baden 2011.