§ 1 SGB VIII - Die Pflegefamilie -

 Die Pflegefamilie: eine sichere Basis?

Über Bindungsbeziehungen in Pflegefamilien

 


Zusammenfassung


Bei der Unterbringung eines Kindes in eine Pflegefamilie handelt es sich neben der Fremdplatzierung in einem Heim um eine bedeutsame Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe, die dann ansteht, wenn das Kindeswohl in der Herkunftsfamilie nicht gesichert ist. Die betreffenden Kinder, welche in der Regel dort belastenden und verwirrenden Erfahrungen ausgesetzt waren, werden in der Pflegefamilie als einer Familie auf Zeit mit zusätzlichen Widersprüchlichkeiten konfrontiert, die diese Institution charakterisieren. Der vorliegende Beitrag beschreibt die konfliktuösen Beziehungen, die sich mit der Inpflegegabe eines Kindes neu etablieren, aus einer bindungstheoretischen Perspektive. Will die Pflegefamilie ihre protektive Funktion, die auch als Bindungssicherung definiert werden kann, erfüllen, sollten diese Widersprüchlichkeiten möglichst verringert werden. Die betrifft auch im Pflegekindwesen bestehenden konzeptionellen Kontroversen.

 

 

 

 

1. Einleitung

2. Bindungsaspekte der Hilfemaßnahme „Pflegefamilie“

3. Das Beziehungsnetzwerk von Pflegefamilien

4. Konzeptuelle Kontroversen im Pflegekindwesen

5. Anforderungen an Pflegeeltern

6. Abschließende Bemerkungen

Literatur

2.1 Der Pflegestatus als Risikoindikator

2.2 Die Bindungskonzepte von Pflegekindern

2.3 Bindungsbeziehungen in der Pflegefamilie

3.1 Leibliche Eltern - Pflegekind

3.2 Leibliche Eltern – Jugendamt

3.3 Pflegeeltern – Jugendamt

3.4 Leibliche Eltern – Pflegeeltern

 

 

1. Einleitung

 

Die Vollzeitpflege ist neben der Heimerziehung die andere schon zahlenmäßig bedeutsame Form stationären Erziehungshilfe, die dann ansteht, wenn Eltern nicht in der Lage und/oder willens sind, ihr Kind angemessen aufzuziehen, und so das Kindeswohl gefährden. Die Aufnahme in eine fremde Familie soll dem Kind dann die Möglichkeit bieten, dort bessere Erfahrungen zu machen als in seiner Herkunftsfamilie. Im Unterschied zur Fremdplatzierung in einem Heim nutzt diese Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe mit der Familie „die Ressourcen einer vorgegebenen Lebensform, die mit der Überschaubarkeit, Zuverlässigkeit und emotionalen Dichte ihrer Beziehungen nach geltender Auffassung die besten Strukturvoraussetzungen für primäre Sozialisation und Erziehung bietet“ (Biermann 2001: 598). Schließlich wird nach wie vor die Familie von den meisten Menschen als die ideale Lebensform angesehen. Auch hat das bürgerliche Familienmodell offensichtlich nicht an subjektiver Wertschätzung verloren (Nave-Herz 2004: 73).

Insofern muss es schon überraschen, dass die deutsche „Fremdplatzierungspolitik“ im Vergleich zu der anderer europäischer Länder weniger von der Pflegefamilie hält und stattdessen stärker auf das institutionelle System der Fremdplatzierung setzt (Trede 2001: 204). Mehrere Gründe hierfür sind zu vermuten. Katamnestische Untersuchungen fehlen. Daher ist nicht viel bekannt über die Wirksamkeit dieser Form von Erziehungshilfe, zumal schon keine Übereinkunft darüber besteht, wie ihr Erfolg überhaupt zu definieren sei. Als Erfolgskriterium wird in der Regel lediglich die Beendigung dieser Maßnahme herangezogen. Die Begriffe „Rückführung“ oder „Abbruch“ sind zudem höchst unscharf definiert. Dementsprechend ungenau sind die Angaben zur Häufigkeit von Pflegeabbrüchen. Sie reichen von 6% bis 42%, wobei man zudem auf die Frage, was aus den zurückgeführten Kindern geworden ist, eher Informationen über ungünstige Verläufe erhält (Biermann 2001, Malter 2005). Nach Blandow, der die Zahl „gelungener Beendigungen“ auf 43% schätzt, „verbleiben bei dem Versuch zur Bestimmung von Beendigungsgründen und deren Folgen viele Unklarheiten“ (Blandow 2004: 151). Auch dürfte „die starke Stellung der Personensorgeberechtigten im deutschen Jugendhilferecht und deren Konkurrenzängste bei einer Unterbringung des eigenen Kindes in einer anderen, als „besser“ fantasierten Familie die Hürde, ein Kind in einer Pflegefamilie unterzubringen“, erhöhen (Trede 2001: 204). Zudem mag der Sachverhalt, dass es sich bei der Pflegefamilie insofern nicht um eine Institution der Jugendhilfe handelt, „als sich hier der öffentliche Träger der Jugendhilfe eines privaten – eines von der Verfassung geschützten – Lebensraumes, nämlich einer Familie bedient“ (Salgo 2001: 54), zur vergleichsweise geringen Inanspruchnahme von Pflegefamilien beitragen. Schließlich ist die Fremdplatzierung in einem Heim für die verantwortlichen Jugendämter leichter zu organisieren und zu kontrollieren. Jedenfalls liegen „in kaum einem anderen Lebensverhältnis (…) Vertrauen und Misstrauen so nahe beieinander“ (Salgo 2001: 54). Die Pflegefamilie steht in Konkurrenz zu anderen familienorientierten Hilfemaßnahmen, zum einen von familienähnliche Angeboten der Heimerziehung wie etwa Wohngruppen oder Erziehungsstellen, zum anderen von oft schon aus Kostengründen bevorzugten familienorientierten ambulanten Hilfen (Blandow 2001).Blandow, ein ausgewiesener Experte des Pflegekinderwesens, konstatiert das „Dilemma des deutschen Pflegekinderwesens“: „Das Pflegekinderwesen ist in einen Widerspruch zu der Bedeutung geraten, die ihm – in der jüngsten Zeit forciert – zur Entlastung von Jugendhilfeetats und zur Lösung sozialer und fami-liärer Probleme zugesprochen wurde. Seine Teile sind schlecht koordiniert und sein Verhältnis zu anderen Teilen des Systems erzieherischer Hilfen sind diffus und ungeklärt geblieben.“ (Blandow 2004: 202)

Die nachstehenden Ausführungen wollen diesen Widersprüchlichkeiten und Uneindeutigkeiten aus einer bindungstheoretischen Perspektive nachgehen. Das Wissen um diese Widersprüche sollte die Erfolgschancen dieser Jugendhilfemaßnahme vergrößern. Eine bindungstheoretische Perspektive bietet sich an, befasst sich doch die Bindungsforschung von Beginn an dezidiert mit den psychologischen Auswirkungen von Trennungen von den primären Beziehungspersonen. Auch wenn die Bedeutung von Eltern-Kind-Beziehungen sich keineswegs auf deren Bindungsaspekt reduzieren lässt, kommt dem bindungstheoretischen Ansatz durchaus eine paradigmatische Bedeutung für eine „Psychologie der Beziehungen“ (Asendorpf/Banse 2000) zu. Von ihm kann ein vertieftes Verständnis der Problematik von Pflegefamilien erwartet werden, zumal schon der Gesetzgeber bei der Inpflegegabe eines Kindes die „Beachtung bestehender persönlicher Bindungen“ (§ 33 KJHG) fordert. Nach Mikula (1993) ist „eines der Themen, das von Vertretern verschiedener Disziplinen aufgegriffen wurde, und wo sich so etwas wie eine Integration von Erkenntnissen verschiedener Disziplinen abzeichnet, (…) das Konzept der Bindung, oder allgemeiner die Bedeutung frühkindlicher Beziehungserfahrungen für zwischenmenschliche Beziehungen in späteren Lebensphasen.“ Demnach handelt es sich bei der Bindungstheorie um eine Beziehungswissenschaft par excellence, „die nicht nur als Erklärungsrahmen für die Dynamik von Eltern-Kind-Dyaden, sondern für vielfältige Beziehungsnetzwerke im Laufe der Entwicklung dient“ (Suess 2003).

 

 

2. Bindungsaspekte der Hilfemaßnahme „Pflegefamilie“

 

2.1 Der Pflegestatus als Risikoindikator

 

 

Kinder und Jugendliche, bei denen als Maßnahme der Jugendhilfe eine Fremdplatzierung ansteht, bilden insofern eine psychiatrische Risikopopulation, als bei ihnen eine überdurchschnittliche hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ihre psychische Entwicklung nicht ungestört verläuft. So sind Kinder und Jugendliche, die in einem Heim leben, ähnlich hoch psychiatrisch belastet wie Kinder und Jugendliche einer kinder- und jugendpsychiatrischen Inanspruchnahmepopulation (Schleiffer 2002, Schmidt 2002, Nützel et al. 2005). Angaben zur psychischen Befindlichkeit von Pflegekindern fehlen allerdings in der deutschsprachigen Literatur. Diesbezüglich ist man daher auf die Ergebnisse angloamerikanische Studien angewiesen, die sich allerdings wegen der hohen Kulturabhängigkeit der nationalen Platzierungspraktiken nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen. Diesen Ergebnissen zufolge sind Pflegekinder im Vergleich zu Kindern, die bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen, deutlich häufiger psychisch auffällig (Rosenfeld et al. 1997, Minty 1999, Clyman et al. 2002, Leslie et al. 2002). Der Pflegekindstatus kann daher als psychiatrischer Risikoindikator angesehen werden.


Reziprok hierzu ist die Herkunftsfamilie von Pflegekindern als „Problemfamilie par excellence“ anzusehen (Textor/Warndorf 1995). Das psychosoziale Risiko von Pflegekindern lässt sich daher in erster Linie auf die prekären Erfahrungen zurückführen, die diese Kinder in ihren Herkunftsfamilien haben machen müssen. Unter den Gründen für diese Form der Fremdplatzierung finden sich zumeist Situationen der Verwahrlosung, Vernachlässigung, Misshandlung und des Missbrauchs, mithin Sachverhalte, die ein kumulatives psychiatrisches Risiko mit sich bringen.

 

 

2.2 Die Bindungskonzepte von Pflegekindern

 

 

Aus bindungstheoretischer Sicht lässt sich vermuten, dass das Risiko vermittelt wird auch durch eine unsichere bzw. hochunsichere Bindung als Folge dieser Lebenserfahrungen. Die affektiv getönten Erfahrungen von Kindern mit ihren primären Bezugspersonen finden ihren Niederschlag in psychischen Repräsentationen, den so genannten inneren Arbeitsmodellen von Bindung. Wie schon vom Begründer der Bindungstheorie, dem englischen Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby (1958), formuliert, besteht die Funktion der Bindungsbeziehung als einer besonderen, anhaltenden und emotional begründeten Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern oder beständigen Bezugspersonen darin, dem Kind in Situationen von Angst, Bedrohung und Überlastung Sicherheit und Trost zu vermitteln und diesem so eine „sichere Basis“ zur Verfügung zu stellen, von der aus es sich zuversichtlich der Welt zuwenden kann, um sie zu explorieren (vgl. Spangler/Zimmermann 1995, 1999). Die Bindungsbeziehung ist deutlich asymmetrisch konfiguriert. Bindungspersonen sind mit den Worten von Bowlby (1982: 159) „stronger and wiser“, einflussreicher und wissender.


Von Ainsworth und Mitarbeitern (1978) wurden drei Bindungskategorien beschrieben, das Muster der sicheren Bindung, das der unsicher-ambivalenten Bindung sowie das der unsicher-vermeidenden Bindung. Ein Kind, dessen Bezugsperson seine Bindungs- als auch Erkundungsbedürfnisse aufmerksam wahrnimmt und auf diese feinfühlig reagiert, lernt, dass es sich auf diese verlassen kann. Auf dieser sicheren Basis kann es dann auch vertrauensvoll explorieren. Dagegen lernen Kinder, deren Bezugspersonen sich gerade angesichts kindlicher Bindungsbedürfnisse zurückweisend verhalten, dass sie vor allem bei nicht fordernder Autonomie Aufmerksamkeit erhalten. In Erwartung einer kommenden Zurückweisung vermeiden sie es daher, ihre Bindungswünsche offen zu äußern und negative Emotionen direkt zu zeigen, obwohl ihr Bindungssystem durchaus aktiviert ist. Schließlich gibt es Kinder, die von ihrer Bezugsperson weder Zurückweisung noch angemessenen Trost erwarten, weil diese sich in Abhängigkeit von ihrer aktuellen eigenen Befindlichkeit unterschiedlich zugewandt verhält. Da ihr Bindungsverhaltenssystem sehr schnell aktiviert und nur schlecht regulierbar ist, neigen diese Kinder zu einem anklammernden oder passiven und wenig explorativen Verhalten. Vielmehr sind sie überwiegend damit beschäftigt, die Nähe ihrer Bezugsperson zu sichern. Da sie sich anlässlich deren Trostversuche immer wieder auch ärgerlich von ihr abwenden, wird dieses Bindungsmuster als unsicher-ambivalent bezeichnet.


Neben diesen drei „organisierten“ Bindungsmustern lässt sich ein viertes Bindungsmuster beschreiben, das der unsicher-desorganisierten Bindung (Main/Solomon 1986, Main 1995). Während in repräsentativen Stichproben etwa 15 % aller Kinder dieses zusätzliche Bindungsmuster aufweisen, findet es sich bei „Hoch-Risiko-Gruppen“, d.h. bei Kindern, die zusätzlichen Risikofaktoren ausgesetzt sind, in etwa 80 % der Fälle (Van IJzendoorn et al. 1999). So zeigen die meisten misshandelten und vernachlässigten Kinder, aber auch Kinder von depressiven Müttern oder von Müttern, die selbst unter einem unverarbeiteten Bindungstrauma leiden, ein extrem widersprüchliches, stereotypes oder manchmal von akuter Angst vor der Bezugsperson geprägtes Bindungsverhalten, das sich den oben beschriebenen drei Bindungsmustern nicht ausschließlich zuordnen lässt. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass spezifisches, ängstigendes Elternverhalten ein zentraler Ursachenfaktor hierfür ist (Lyons-Ruth/Spielman 2004). Aber auch biologische Prozesse, etwa eine eingeschränkte affektive Regulationsfähigkeit, können die Eltern-Kind-Interaktion belasten (Spangler et al. 1996). Diese Bezugspersonen stellen nicht nur einen spezifischen Kontext gelingender oder misslingender Emotionsregulation zur Verfügung, sondern sind selbst Quelle emotionaler Belastung für ihre Kinder. Bedenkt man die Häufigkeit der Erfahrungen von Vernachlässigung und Misshandlung in der Vorgeschichte von Kindern, bei denen eine Fremdplatzierung ansteht, lässt sich erwarten, dass diesem hochunsicheren Bindungstyp besondere Bedeutung für die Entwicklungsprozesse bei Pflegekindern zukommt.


Der unsicher-desorganisierte Bindungstyp ist aus entwicklungspsychopathologischer Sicht von besonderem Interesse, besteht inzwischen doch breite Übereinstimmung darüber, dass es sich bei ihm um einen bedeutsamen psychosozialen Risikofaktor handelt. Eine Reihe von Längsschnittstudien belegt für Hochrisikogruppen einen Zusammenhang mit externalisierenden Störungen (Lyons-Ruth et al. 1993, Green u. Goldwyn 2002). Die jeweiligen Bindungsmuster im Kindes- und Jugendalter sind nicht nur für die aktuelle psychische Befindlichkeit von Bedeutung, sondern haben auch Einfluss auf die weitere psychosoziale Entwicklung. So zeigen sich auch längsschnittlich Effekte der Bindungsqualität auf das Selbstkonzept sowie auf die Bewältigungsfähigkeit und die Gestaltung sozialer Beziehungen (Zimmermann et al. 1999, Zimmermann 2002).


Nicht nur die frühe Bindungsorganisation, sondern auch die sich entwickelnde Bewertung der eigenen Bindungserfahrungen und somit der Aufbau der sogenannten Bindungsrepräsentation ist ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Fähigkeit zur effektiven Emotionsregulation. Vor allem für die Regulierung subjektiver Unsicherheit und negativer Gefühle innerhalb eines Beziehungskontextes ist Bindung als ein entscheidender Risiko- bzw. Schutzfaktor von großer Bedeutung (Allen/Land 1999, Zimmermann 2002). Die Bindungsrepräsentation ist ein wichtiger Prädiktor für die häufig zu beobachtende intergenerationale Transmission von Bindungsmustern (vgl. Gloger-Tippelt 1999). Bei Bezugspersonen mit sicherer Bindungsrepräsentation besteht eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder auch eine sichere Bindung an sie entwickeln. Die Weitergabe der eigenen mangelnden Fürsorgeerfahrungen an die eigenen Kinder hatten Rutter und Quinton (1984) bei Mädchen, die in Heimen aufwuchsen, eindrucksvoll belegt (zu Bindungsbeziehungen bei Heimerziehung: vgl. Schleiffer 2001, 2005). Auch wenn das schon biologisch begründete Bedürfnis nach Nähe zu einer Bindungsfigur im Kindesalter am deutlichsten zu beobachten ist, besteht es doch lebenslang, „von der Wiege bis zum Grab“ (Bowlby 1982: 159f.). Kinder können sich nicht an den Verlust von Bindungspersonen gewöhnen (vgl. Grossmann/Grossmann 2002). In bestimmten Situationen, etwa wenn Bindungspersonen ausfallen wie beim Verlust der primären Bezugsperson(en) anlässlich einer Fremdunterbringung, wird sich dieses Bedürfnis langfristig in der Suche nach weiteren bzw. alternativen Bindungspersonen äußern. Der Aufbau neuer Bindungsbeziehungen benötigt jedoch Zeit, so dass man nicht von einem einfachen Wechsel der Bezugsperson ausgehen kann, selbst wenn die Betreuung durch die bisherige Bezugsperson ungenügend war. Dies gilt selbst angesichts der manchmal zu beobachtenden Kontaktsuche bindungsgestörter Kinder (Zimmermann 2001).

 

 

2.3 Bindungsbeziehungen in der Pflegefamilie

 

 

Hält man sich den § 1 SGB VIII vor Augen, wonach die Maßnahmen der Jugendhilfe „junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern“ sollen, wird man in der Entwicklung einer möglichst sicheren Bindungsorganisation ein wichtiges Erfolgskriterium der Vollzeitpflege anzusehen haben. Bei Pflegekindern im Säuglingsalter ist als Erfolg dieser Hilfemaßnahme die Entwicklung eines möglichst sicheren Bindungskonzeptes anzusehen, bei älteren Kindern eine Korrektur des bei der Aufnahme in die Pflegefamilie mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegenden desorganisierten Bindungsmusters. Die Bindungstheorie geht davon aus, dass Bindungsmuster, auch wenn sie bei unveränderten Kontextbedingungen zur Stabilität tendieren, keineswegs statisch sind (vgl. Zimmermann 1995). Vielmehr sind sie erfahrungsabhängig veränderbar, so auch in Richtung einer größeren Sicherheit. Dies kann allerdings nur aus Anlass bindungsrelevanter Erfahrungen geschehen. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit Pflegeeltern in der Lage sind, den ihnen anvertrauten Pflegekindern solche Erfahrungen zu ermöglichen. Einige Bedingungen hierfür lassen sich nennen.

Bindungsrelevante Erfahrungen sind am ehesten in Interaktionen mit Erwachsenen zu erwarten, die als Bindungspersonen fungieren (Scheuerer-Englisch 1998a, b) bzw. deren Beziehung zumindest bedeutsame Bindungsaspekte impliziert. Nach Cassidy (1999) lässt sich dann vom Bestehen einer Bindungsbeziehung sprechen, wenn diese Beziehung auf Dauer angelegt ist, also nicht nur vorübergehend besteht, wenn sie auf eine bestimmte Person(en) gerichtet ist, die als emotional bedeutsam erlebt werden, wenn die den Wunsch nach Nähe und Kontakt beinhalten und dementsprechend Trennungsschmerz implizieren und wenn in ihr Sicherheit und Trost gesucht werden. Das letzte Kriterium unterscheidet eine Bindungsbeziehung im engeren Sinne von emotional bedeutsamen Beziehungen im Allgemeinen (vgl. Schuengel/Van IJzendoorn 2001).

Ob sich eine Bindungsbeziehung etablieren wird, hängt von Faktoren auf Seiten des Kindes sowie auf Seiten der Pflegeeltern ab. Auf Seiten des Kindes sind dies sein Alter und damit auch seine bisherigen Lebenserfahrungen. Da es sich bei einer Bindungsbeziehung definitionsgemäß um eine längerfristige Beziehung handelt, bedarf es zu ihrer Entwicklung Zeit. Zeit ist allerdings bei einem Pflegekind als einem „Kind auf Zeit“ eine unsichere Ressource. Dabei ist zu erwarten, dass jüngere Kinder schneller neue Bindungen eingehen als ältere, da ihre internalen Arbeitsmodelle noch weniger stabil generalisiert sind und ihre Bindungsbedürfnisse noch stärker durch direkte körperliche Nähe befriedigt werden müssen (vgl. Zimmermann 1995). Somit sind bindungsbezogene Effekte eher bei dauerhafter Pflege zu erwarten. Das Pflegekind muss seine Pflegeeltern als Bindungspersonen annehmen und d.h. zu ihnen eine Bindungsbeziehung eingehen können. Das dürfte bei einer Dauerpflege der Fall sein, ist doch bei Kindern von einer natürlichen Neigung auszugehen, sich langfristig auch einer alternativen Bindungsperson anzuschließen. Eine unbegrenzte, die Bedürfnisse des Kindes und seiner Pflegeeltern missachtende Umgangsregelung ist allerdings geeignet, den Aufbau einer Bindungsbeziehung des Kindes zu seinen Pflegeeltern zu erschweren, ist in einem solchen Fall doch damit zu rechnen, dass der Aufbau neuer Bindungen durch Konflikte zwischen Eltern und Pflegeeltern oder bei älteren Kindern durch Loyalitätskonflikte beeinträchtigt wird. Im letzteren Fall dürften bindungskorrigierende Erfahrungen in der Pflegefamilie eher ausbleiben.

Kinder, die in ihren ersten Lebensmonaten in einer Pflegefamilie Aufnahme finden, werden zu ihren Pflegeeltern innerhalb kurzer Zeit eine Bindungsbeziehung aufbauen. Voraussetzung hierfür ist lediglich ein Mindestmaß an Feinfühligkeit und psychologischer Verfügbarkeit seitens der Pflegeeltern. Davon ist sicherlich im deutschen Pflegekindwesen auszugehen. In diesem jungen Alter wird die Qualität der Bindungsbeziehung vor allem von der Feinfühligkeit der Pflegeeltern bestimmt. Ausschlaggebend ist insofern die jeweilige Bindungsorganisation, über die die Pflegeeltern verfügen, kommt es doch in Pflegefamilien ebenso wie in „natürlichen“ Familien zu einer intergenerationalen Transmission der Bindungsmuster (Stovall/ Dozier 2000, Dozier et al. 2002). Ob und inwieweit genetische Merkmale und Temperamentsmerkmale des Säuglings eine Rolle spielen, ist derzeit noch nicht hinreichend geklärt.

Ist das Pflegekind bei seiner Aufnahme in der Pflegefamilie bereits älter, ist die Situation insofern komplizierter, als dass das Kind bereits bindungsrelevante Erfahrungen hat machen können. Ältere Kinder werden zu ihren Pflegeeltern eine Bindungsbeziehung dann nicht oder nur verzögert eingehen, wenn sich ihr Bindungssystem in Folge gravierender deprivierender Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie oder in einem Heim nicht regelrecht hat ausbilden können im Sinne einer Bindungsstörung (vgl. Roy et al. 2004, Rutter 2006) oder wenn die Umstände ihrer Inpflegegabe zuviel Angst und Stress mit sich bringen. Auch wenn die an der Entwicklung einer Bindungsstörung beteiligten Mechanismen noch nicht völlig verstanden sind, dürfte das Fehlen eines Angebots vorhersehbarer, persönlicher und d.h. nicht austauschbarer Beziehungen im ersten Lebensjahr ursächlich von ausschlaggebender Bedeu-tung sein (Rutter et al. 2004). In einem solchen Fall wird das Kind keine selektiven, d.h. auf eine bestimmte Person bezogenen Erwartungsstrukturen bilden können. Es wird dann das Bindungsangebot seiner Pflegeeltern nicht annehmen, sondern in seinem interaktionalen Verhalten wenig Unterschiede machen zwischen seinen Bezugspersonen und anderen Menschen. Mit seinem distanzlos imponierenden Verhalten wird es dann seine Pflegeeltern enttäuschen. Solchermaßen frustriert und in Unkenntnis der psychologischen Mechanismen auch gekränkt, wird deren Motivation, am Pflegeverhältnis festzuhalten, auf eine harte Probe gestellt. Da es Pflegeeltern im Gegensatz zu Adoptiveltern möglich ist, das Kind zurückzuge-ben, droht das Scheitern des Pflegeverhältnisses.

Hat sich bereits eine Bindungsbeziehung zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern ausgebildet, darf man davon ausgehen, dass deren Qualität als Resultat der prekäre Erfahrungen in der Herkunftsfamilie desorganisiert-unsicher und damit hochunsicher ist. Schließlich bestünde anderenfalls keine Indikation zur Fremdunterbringung. Um bindungskorrigierende Erfahrungen in der Pflegefamilie machen zu können, muss das Pflegekind seine Pflegeeltern zumindest in bestimmten Situationen als Bindungspersonen annehmen, d.h. von ihnen Trost und Zuspruch erwarten. Ob es dies tut, hängt davon ab, inwieweit es überhaupt ein Bedürfnis hat, eine alternative Bindungsbeziehung einzugehen. Dies dürfte dann nicht der Fall sein, wenn die originären Bindungspersonen, seien sie objektiv auch noch so unzulänglich, weiterhin verfügbar bleiben, etwa anlässlich einer unkontrollierten Besuchsregelung. Dann werden sich die Kinder weigern, zu ihren Pflegeeltern eine alternative Bindungsbeziehung einzugehen, dürfen sie doch von einer Vorläufigkeit und zeitlichen Begrenztheit dieses neuen Beziehungsangebots ausgehen. In einem solchen Fall werden sie ihr ursprüngliches Bindungsnetzwerk nutzen im Vertrauen darauf, mit ihren primären Bindungspersonen bald wieder zusammenkommen zu können.

Ansonsten kann man davon ausgehen, dass Kinder, die in ihren ersten Lebensmonaten in einer Pflegefamilie aufgenommen werden, den Ausfall ihrer primären Bezugspersonen ausgleichen und zu ihren Pflegeeltern innerhalb kurzer Zeit eine alternative Bindungsbeziehung aufbauen werden. Dann werden sie ihre hochunsicheren Erwartungsmuster auf die Pflegeeltern übertragen. Gerade hierin dürfte das größte Entwicklungsrisiko fremdplatzierter Kinder liegen, muss doch befürchtet werden, dass sie es mit ihrem auffälligen Bindungsverhalten ihren erwachsenen Pflegepersonen schwer machen, sie liebevoll zu versorgen. So werden sie diese nur schwer zu einem entwicklungsfördernden Pflegeverhalten anregen, wenn sie sich etwa so verhalten, als ob sie deren Hilfe nicht benötigten. Ihre Pflegeeltern werden dann schon zu ihrem eigenen Schutz eine erst einmal distanzierte Haltung einnehmen. Gerade Bezugspersonen mit einem unsicheren Bindungsstil lassen sich durch ein abweisendes, indifferentes oder gar aggressives Verhalten von Seiten ihres Pflegekindes leicht zu einer komplementären Reaktion provozieren. Überhaupt sind es in erster Linie die Kinder, welche in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft in der neuen Familie die Art und Weise der Interaktionen bestimmen (Dozier 2005). Eine komplementäre Reaktion der Pflegeeltern dürfte allerdings die erfahrungsabhängigen Erwartungsstrukturen auf Seiten des Kindes erneut bestätigen und somit verfestigen. Daher sind Pflegeeltern, deren Bindungskonzept sicher-autonom organisiert ist, am besten geeignet, den Kindern Bindungskorrekturen zu ermöglichen, weil sie deren Erwartungen auf positive Weise enttäuschen können (Bates/Dozier 2002, Bernier/Dozier 2003, Dozier/Sepulveda 2004). Dagegen sind Pflegeeltern, die selbst nur über ein unsicheres Bindungskonzept verfügen, durchaus als ein weiterer Risikofaktor bezüglich der Entwicklung einer desorganisierten Bindung bei ihrem Pflegekind anzusehen (Stovall/Dozier 2000).

Damit Pflegeeltern ihren Pflegekindern als sichere Basis zur Verfügung stehen zu können, sind sie darauf angewiesen, dass ihnen auch der situationale Kontext dieser Hilfemaßnahme eine ausreichende Sicherheit bietet im Sinne einer „kontinuitätssichernden Planung“ (Jordan 1996). Als Voraussetzungen für die Übernahme der Rolle einer Bindungsperson nennt Howes (1999) neben der Bereitschaft, emotional in die Beziehung zum Kind zu investieren und sich um dessen emotionales und physisches Wohlbefinden zu sorgen, auch das Vertrauen in eine dauerhafte Bedeutung im Leben ihres Kindes. Im Falle der Fremdplatzierung eines Kindes in einer Pflegefamilie dürfte gerade dieses Vertrauen nicht ohne weiteres gegeben sein. So besteht bekanntlich für viele Pflegeltern keine ausreichende Sicherheit bezüglich der zu erwartenden Dauer der Pflegebeziehung und damit der Beständigkeit dieser Eltern-Kind-Beziehung. Eine verlässliche Option auf eine Eltern-Kind-Beziehung von Dauer erleichtert die Etablierung einer sicheren Bindungsbeziehung. Das Fehlen einer klaren Perspektive dürfte es selbst Pflegeeltern, die über ein sicheres Bindungskonzept verfügen, erschweren, ihren hochunsicher gebundenen Pflegekindern bindungskorrigierende Erfahrungen zu vermitteln.

Zusätzlich zur Beziehung zu ihren Pflegekind sehen sich die Pflegeeltern mit dessen Aufnahme mit einer Reihe neuer Beziehungen konfrontiert, die geeignet sind, ihr Bin-dungsangebot zu beeinflussen, zu fördern, aber auch zu behindern.

 

 

3. Das Beziehungsnetzwerk von Pflegefamilien

 

 

Diese sich in der Pflegefamilie neu etablierenden Beziehungen werden geprägt durch die jeweils unterschiedlichen und häufig auch divergenten Interessen und Bedürfnisse der an dieser Hilfemaßnahme Beteiligten. Es sind dies die Mitglieder der Herkunftsfamilie des Pflegekindes, vor allem dessen leibliche Eltern, aber auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des zuständigen Jugendamtes.

 

 

3.1 Leibliche Eltern - Pflegekind

 

 

Ältere Pflegekinder haben in ihrer Herkunftsfamilie „verwirrende, oft auch traumatische Erfahrungen machen müssen“ (Blandow 2004, 197), sei es dass ihre Eltern selbst nicht über ein kohärentes Konzept elterlicher Fürsorge verfügten oder aufgrund einer psychischen Störung oder intrafamiliärer Konflikte ihre Elternaufgabe nicht angemessen erfüllen konnten. Daher darf man bei aller Verschiedenheit der Unterbringungsgründe davon ausgehen, dass das Kind bei seiner Aufnahme in die Pflegefamilie wahrscheinlich über kein organisiertes Bindungskonzept verfügen wird. Infolgedessen ist das Kind nur schlecht in der Lage, mit Ambivalenzen umzugehen, was sich besonders ungünstig auswirken muss angesichts der dem Pflegeverhältnis inhärent eignenden Ambivalenzen und Widersprüche.

Allerdings ist durchaus damit zu rechnen, dass sich mit der Inpflegegabe die Qualität der Beziehung zwischen den leiblichen Eltern und ihrem Kind auch ändern kann. So wird deren schon räumliche Trennung zu einer Klärung der Bedeutung des Kindes für die leiblichen Eltern beitragen können. Überhaupt wird man kaum jemals den leiblichen Eltern das Interesse am Wohlergehen ihres Kindes absprechen dürfen, sei es auch nur, wenn dieses Interesse befördert wird durch die narzisstische Kränkung angesichts der letztlich doch stigmatisierenden Entscheidung der Behörde, ihnen die Erziehungseignung abzusprechen. Auch wenn durchaus ganz unterschiedlich motiviert, besteht in der Regel bei den leiblichen Eltern der Wunsch, den Kontakt zu ihrem Kind nicht abreißen zu lassen. Auch auf Seiten des Kindes besteht zumeist ein solcher Wunsch. Auch wenn noch so versagend, garantieren die Eltern erst einmal dem Kind eine Kontinuität und Vorhersagbarkeit. Auch misshandelnde Eltern sind für das Kind Bindungspersonen, deren Verlust neben Gefühlen der Erleichterung auch Gefühle von Angst und Schmerz auslösen muss.

 

 

3.2 Leibliche Eltern – Jugendamt

 

 

Auch die Beziehung der leiblichen Eltern zu den Vertreterinnen der Jugendhilfebehörde dürfte kaum jemals ambivalenzfrei sein. Geht man davon aus, dass es sich bei der Vollzeitpflege um eine „Hilfe zur Erziehung“ handelt, haben als Adressaten dieser Maßnahme die leiblichen Eltern zu gelten, die sich beim Jugendamt eigentlich um diese Hilfe bemühen müssten. Eine solche Partizipation und Freiwilligkeit dürfte allerdings doch zumeist als Fiktion anzusehen sein, wird doch die Notwendigkeit einer solchen Hilfe, die zudem zumeist nicht selbst, sondern von anderer Seite festgestellt wird, als beschämend erlebt. Schließlich haben sie als Eltern versagt bei der Pflegesituation par excellence, nämlich bei der Versorgung eines kleinen Kindes, das naturgemäß zum Überleben auf die Hilfe seiner erwachsenen Erzeuger angewiesen ist trotz aller ihnen heute zugeschriebenen Kompetenzen. Bei den leiblichen Eltern als den eigentlichen Klienten der Erziehungshilfe dürfte daher das bekannte Hilfeparadox vorliegen, wonach diejenigen, die der Hilfe am meisten bedürfen, auch diejenigen sind, die eine solche Hilfe nur schwer annehmen und nutzen können. Zudem besteht für sie eine legitime Sanktionsdrohung nach §§ 1666, 1666a BGB, welcher zu einem Anpassungsdruck führt, der oft die Frage der Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit ihrer Mitarbeit nahezu unentscheidbar werden lässt (Salgo 1987: 84). Dies gilt sicherlich für die ungefähr 40% der Fälle, bei denen den leiblichen Eltern das Sorgerecht entzogen wurde (Blandow 2004: 77). Bei ihnen ohne weiteres eine Bereitschaft zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu erwarten, erscheint angesichts der Brisanz der Thematik sicherlich als geradezu naiv.


Oft sind die leiblichen Eltern daher nicht wirklich an der Hilfeplanung interessiert und nehmen ihr Recht auf Beratung und Unterstützung gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII nicht oder nur scheinbar wahr. Sie befinden sich in einer widersprüchlichen Situation zwischen Festhalten oder Loslassen ihres Kindes (Wiemann 1994: 17). Kooperieren sie etwa mit den Pflegeeltern, müssen sie, insbesondere wenn es sich um noch sehr junge Kinder handelt, damit rechnen, dass sich bei ihrem Kind eine Bindungsbeziehung zu den Pflegeeltern etabliert, die dann die Chancen, ihr Kind wieder zurück zu erhalten, schmälern wird. Insofern wäre es durchaus rational, wenn sie etwa ihre Besuchskontakte dazu benutzten, bei ihrem Kind die Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung zu den Pflegeeltern zu behindern.

Erscheint eine Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines „vertretbaren Zeitraumes“ nicht möglich, so soll gemäß §37 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII „mit den beteiligten Personen eine andere, dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden“. Insofern sollte eine etwaige Aussichtslosigkeit der professionellen Bemühungen um die Herstellung der Erziehungsfähigkeit in der Herkunftsfamilie und damit die Verneinung der Rückkehroption bereits zu Beginn der Vollzeitpflege anlässlich der Hilfeplanung festgestellt und für einen solchen Fall ein auf Dauer angelegtes Pflegeverhältnis eingerichtet werden. Zu fragen ist allerdings, inwieweit etwa eine jugendliche Mutter tatsächlich aufgeklärt wird über die Folgen einer Inpflegegabe ihres Kindes, so etwa über den Zusammenhang zwischen der Dauer des Aufenthaltes des Kindes in der Pflegefamilie und der Rückkehroption (vgl. Zenz 2001, Salgo 2003). Schließlich dürfte der Hinweis auf einen solchen Zusammenhang bei der leiblichen Mutter deren Bereitschaft, ihr Kind überhaupt einer Pflegefamilie anzuvertrauen, doch eher schmälern, zumindest Konflikte mit der Jugendhilfebehörde heraufbeschwören. Gerade im Falle noch jugendlicher Mütter lässt sich daher immer wieder beobachten, wie sehr die Vertreterinnen des Jugendamtes psychisch belastet sind durch den oft eben nicht einvernehmlich lösbaren Konflikt zwischen dem Wohl des Kindes und dem der jugendlichen Mutter. Die folgenreiche Feststellung nicht vorhandener Erfolgsaussichten der sozialpädagogischen Bemühungen wird daher oft aufgeschoben, zumal damit auch das Eingeständnis eigenen Scheiterns verbunden wäre. Die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie, insbesondere der Bindungstheorie lassen allerdings keinen Zweifel daran, dass eine Entscheidung schnell gefällt werden muss, da Zeit gerade bei Kleinkindern eine entscheidende Rolle spielt.

 

 

3.3 Pflegeeltern – Jugendamt

 

 

Diese Beziehung wird ebenfalls geprägt durch eine Reihe von Konflikten, die es ratsam erscheinen lassen, das Ausmaß an Vertrauen und Offenheit in dieser Beziehung nicht zu überschätzen. So ist schon oft nicht eindeutig, ob die Pflegeltern sich eher als Partner, gar als Helfer oder als Klienten des Jugendamtes einschätzen können. Ihr Wunsch, ein Kind bei sich aufzunehmen, macht sie vom Jugendamt abhängig. Um die Erfüllung dieses Wunsches nicht zu gefährden, erscheint es ihnen ratsam, die konzeptionellen Vorstellungen des Jugendamtes zu übernehmen, zumindest diesen nicht offen vernehmlich zu widersprechen. Pflegeeltern haben sich kontrollieren zu lassen. So müssen Pflegeeltern der Öffnung der eigenen Familiengrenzen notgedrungen zustimmen, was immer auch mit einer nicht unbeträchtlichen Einschränkung des grundgesetzlich garantierten Schutzes ihrer Privatsphäre verbunden ist. Obwohl ihnen ein verbrieftes Recht auf Beratung und Unterstützung gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII zusteht, mögen sie befürchten, dass ihre allzu unbedarfte Äußerung von Hilfebedarf sie als doch eher ungeeignet für die Aufgabe als Pflegeeltern erscheinen lässt. Zudem mag deren offensichtliche Hilfsbedürftigkeit das Pflegekind davon abhalten, sich vertrauensvoll in deren Abhängigkeit zu begeben, weil es diese dann eben nicht als „stronger and wiser“ erlebt. Auch wird sich das Pflegekind fragen, wer für es letztlich verantwortlich ist. Bindung impliziert doch gerade die volle, ungeteilte Verantwortlichkeit seitens der Bindungsperson. Insofern ist zu vermuten, dass ein Wunsch nach Unterstützung eher dann geäußert wird, wenn die Verhaltensauffälligkeiten des Kindes von vornherein unübersehbar sind oder wenn der Verbleib ihres Kindes ihnen hinreichend sicher ist.

Auch die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern (§ 37 (1) KJHG) dürfte von den Pflegeeltern immer wieder konfliktuös erlebt werden. Vor allem von solchen Pflegeeltern, welche sich um die Aufnahme eines Pflegekindes lediglich als „2. Wahl“ bemü-hen, nachdem sich ihr ursprünglicher Adoptionswunsch nicht hat realisieren lassen, ist kaum zu erwarten, dass sie sich vorbehaltlos einer Kooperation mit den leiblichen Eltern verschreiben. Schließlich müssen sie befürchten, dass eine Verbesserung der Beziehungen innerhalb der Herkunftsfamilie die Aussichten, „ihr“ Kind auf Dauer zu behalten, verringern muss. Insofern sollte deren sozialpädagogisch durchaus „korrekt“ imponierende Zustimmung zu Besuchskontakten seitens der leiblichen Eltern schon mit Skepsis betrachtet werden.

 

 

3.4 Leibliche Eltern – Pflegeeltern

 

 

In Anbetracht der hohen subjektiven Bedeutung von Elternschaft hat man davon auszugehen, dass sich die Beziehung zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern kaum jemals problemlos konstelliert, stoßen doch hier die unterschiedlichen Interessen unvermittelt aufeinander. Dieser Umstand dürfte die vom Gesetzgeber zum Wohle des Kindes vorgesehene Kooperation von Pflegeeltern und leiblichen Eltern beeinträchtigen. Kooperation wird durch Konkurrenz behindert. Das letztlich nicht zu bestreitende Versagen der leiblichen Eltern bei der Kindererziehung wird durch das Anerkennen, auf Hilfe angewiesen zu sein, bestätigt, erst recht, wenn sich herausstellen sollte, dass diese Aufgabe den neuen Eltern besser gelingt. Es ist mithin eher nicht zu erwarten, dass sich die leiblichen Eltern diesbezüglich gerne helfen lassen, insbesondere wenn man bedenkt, dass bei Eltern, die ihr Kind vernachlässigen, in der Regel gravierende narzisstische Probleme bestehen dürften. Aber auch die Pflegeeltern stehen unter Konkurrenzdruck. Insbesondere dann, wenn die Pflegeeltern sich eine dauerhafte Beziehung zu ihrem Pflegekind wünschen und insofern für sich die Rolle von Bindungsperson reklamieren, werden sie die Kontakte der leiblichen Eltern zu ihrem Kind mit ängstlichem Misstrauen beobachten und elterliches Verhalten der leiblichen Eltern doch eher als Einmischung interpretieren und abwerten. Von ihnen lässt sich kaum erwarten, dass sie ambivalenzfrei eine etwaige Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Pflegekind und seinen leiblichen Eltern registrieren, droht ihnen doch in einem solchen Fall die Realisierung der gesetzlich vorgesehenen Rückführung. Durchaus nachvollziehbar werden sie die geforderte Kooperation mit den leiblichen Eltern als gegen ihre eigenen Interessen gerichtet ansehen.

Aber auch von den leiblichen Eltern wird diese geforderte Kooperation nicht ohne weiteres zu erwarten sein, müssen sie doch davon ausgehen, dass dadurch die Entwicklung einer Bindungsbeziehung zwischen dem Kind und den Pflegeeltern auch gefördert wird. Das Bestehen einer solchen Beziehung würde die Rückführungschancen bekanntlich durchaus verringern, wie die Praxis der Familiengerichte ausweist. Von den leiblichen Eltern, bei denen es sich um eine höchst problematische Personengruppe handelt, eine altruistische, gar salomonische, gänzlich dem Kindeswohl verpflichtete Haltung zu erwarten, muss denn doch eher wirklichkeitsfremd erscheinen. Eine solche Haltung setzte ein postkonventionelles Moralniveau voraus, das bekanntlich, wenn überhaupt, nur selten erreicht wird, sicherlich kaum jemals von Eltern, die ihren elterlichen Verpflichtungen so wenig nachkommen, dass ihnen ihre Erziehungsfähigkeit hat abgesprochen werden müssen.

Von den Pflegeeltern wird erwartet, dass sie vorurteilslos die Bedeutung der leiblichen Eltern für ihr Pflegekind anerkennen. Diese Erwartung dürfte sie häufig überfordern, zumal sie in der Regel aus einer sozioökonomisch besser gestellten Sozialschicht mit oft sehr unterschiedlichen Wertvorstellungen angehören. Vor allem wird es ihnen schwer fallen, sich gegenüber den leiblichen Eltern moralisch indifferent zu verhalten und somit eine quasi-professionelle Haltung einzunehmen, wurden sie doch als Pflegeeltern eingesetzt, weil ihrem Pflegekind oft genug von Seiten seiner leiblichen Eltern körperlicher und/oder seelischer Schaden zugefügt wurde. Sie müssen damit rechnen, dass ihr Pflegekind es nicht begreifen kann, sollten sie mit den Personen vertrauensvoll kooperieren, die dieses so schlecht behan-delt haben. Eine solche Zusammenarbeit, gar eine vertrauensvolle, käme einer Verleugnung der traumatischen Vorgeschichte gleich. Eine solche Verleugnung dürfte allerdings die Aussichten für eine erfolgreiche psychische Verarbeitung dieser Erlebnisse beim Kind beeinträchtigen (Milan/Pinderhughes 2000). Eine solchermaßen verzerrte Kommunikation würde zu einer weiteren Desorganisation und Desorientierung beitragen. Gerade im Falle seiner Traumatisierung sollte das Kind erwarten dürfen, nicht mit den Tätern zusammenkommen zu müssen, sondern sich den „angstauslösenden Erfahrungen in der Erinnerung“ aussetzen zu können (vgl. Zenz 2001). Sich einer moralischen Wertung zu enthalten, fällt bekanntlich gerade im Falle eines gegen ein kleines Kind gerichteten Verhaltens besonders schwer. Geht man mit Luhmann (1990) davon aus, dass die Funktion von Moral darin besteht, die Akzeptanz von Kommunikationspartnern zu regulieren, muss man daher erwarten, dass Pflegeeltern eher ungerne mit den leiblichen Eltern kommunizieren. Eine moralische Indifferenz wird daher höchstens in der offiziellen behördlichen Kommunikation, etwa mit dem Jugendamt, zur Schau getragen in der Befürchtung, andernfalls das Kind wieder verlieren zu können. Schließlich haben sich die Pflegeeltern im Sinne des § 37 (1) KJHG verpflichten müssen, mit den leiblichen Eltern zusammenzuarbeiten. Die Kontakte mit den leiblichen Eltern geraten somit häufig zur Pflichtübung. Die Pflegeeltern fühlen sich gezwungen, ihre Kommunikation je nach Adressaten genau zu kontrollieren. Die Kommunikation wird in hohem Maße unehrlich, was auch und gerade für das Pflegekind belastend sein muss. Dieser Sachverhalt ist sicherlich als nicht hilfreich für die Entwicklung der Affektregulierung einzuschätzen.

Nach alledem verwundert es nicht, dass gerade die Regelung des Umgangs immer wieder zu rechtlichen und behördlichen Streitigkeiten Anlass gibt, zumal Pflegeeltern die Besuchskontakte seitens der leiblichen Eltern oft ausgesprochen negativ beurteilen (Kötter/Cierpka 1997). Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf den empirischen Befund, dass Pflegeeltern den Kontakt zu den leiblichen Eltern vor allem dann akzeptieren, wenn diese auf das Sorgerecht verzichtet haben oder dieses ihnen von Amts wegen entzogen wurde (Erzberger 2003: 166). Dann können sie sich nämlich ihres Pflegekindes sicher sein.

 

 

4. Konzeptuelle Kontroversen im Pflegekindwesen

 

 

Pflegekinder wachsen mithin in einem Beziehungsnetzwerk auf, für das mannigfache Uneindeutigkeiten und kommunikative Widersprüche charakteristisch sind. „Wählt man die konventionelle Rolle als Maßstab, erweist sich Pflegeelternschaft als Mangelstatus in fast jeder Hinsicht“, formuliert Biermann (2001: 627). Von familiensoziologischer Seite etwa wird darauf verwiesen, dass der Pflegefamilie eine Reihe der für die bürgerliche Familie normativen Strukturmerkmale fehle. Das Pflegeverhältnis basiere insofern auf einer wider-sprüchlichen Grundlage, als dass die Pflegeeltern sich vertraglich gegenüber der Jugendhilfebehörde zu einer spezifischen Dienstleistung verpflichten, die darin besteht, zu ihrem Pflegekind eben keine spezifischen, sondern eher diffuse Sozialbeziehungen, wie sie für die Familie charakteristisch sind, zu entwickeln. Dieser für das Pflegeverhältnis konstitutive „Widerspruch zwischen diffuser und rollenförmiger Sozialbeziehung“ behindere die notwendigen Identitätsbildungsprozesse auf Seiten des Kindes (Gehres 2005). Auch die zeitliche Begrenzung der Pflegebeziehung sowie das immer wieder als Tabu behandelte Thema Pflegegeld sind in diesem Zusammenhang als Problemfelder zu nennen. Angesichts dieser Probleme mögen gerade aus einer bindungstheoretischen Perspektive Zweifel aufkommen, ob von dieser Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe überhaupt Erfolge zu erwarten sind. Dies gilt vor allem für Kinder, die jenseits der Säuglingsperiode in eine Pfle-gefamilie vermittelt werden und bei denen sich altersentsprechend bereits Bindungsbeziehungen ausgebildet haben. Sollten bindungskorrigierende Erfahrungen ausbleiben, würde diese Jugendhilfemaßnahme ihre protektive Aufgabe verfehlen. Darüber hinaus wäre durchaus zu befürchten, dass sich die Widersprüche und Paradoxien einer solchen Maßnahme auf das Kind kumulativ desorganisierend und desorientierend auswirkten.

Diese Widersprüchlichkeit charakterisiert nicht nur die Praxis der Pflegefamilie, sondern auch die fachlichen und wissenschaftlichen Diskurse über diese Institution. Verwiesen sei auf die andauernde konzeptuelle Kontroverse zwischen Ergänzungs- und Ersatzfamilie, welche die Praxis der Erziehung von Kindern in Pflegefamilien noch erschweren dürfte (vgl. Kötter/Cierpka 1997, Biermann 2001, Salgo 2001, Blandow/Walter 2003, Westermann 2004). Gemäß dem inklusiven Konzept der Ergänzungsfamilie ist die Pflegefamilie „Teil einer für das Pflegekind bedeutsamen Beziehungsstruktur von Herkunftsfamilie, Jugendamt, Pflegefamilie und anderen Bezugsinstanzen, in der sie durch ihre erzieherischen und Sozialisationsangebote die Leistungen der Herkunftsfamilie ergänzt“ (Biermann 2001: 613 f.). Die Einbeziehung der Herkunftsfamilie und insbesondere regelmäßige Umgangskontakte sollen nach diesem Modell die Rückführung des Kindes vorbereiten. Demgegenüber tritt eine sich als Ersatzfamilie verstehende Pflegefamilie „als exklusive Erziehungs- und Sozialisationsinstanz für das Pflegekind an die Stelle seiner eigenen, versagenden oder zerstörten Familie“ (Biermann 2001: 613 f.). In ihr wird der Verbleib des Kindes angestrebt, weshalb auch Besuchskontakte eher als Störung angesehen werden. Bedenkt man, dass eine Bindungsbeziehung eine exklusive Beziehung darstellt, ist aus bindungstheoretischer Sicht gegenüber der Propagierung des Ergänzungsmodells als des zu bevorzugenden Modells von Pflegefamilie durchaus Skepsis angebracht, zumal Pflegefamilien, die sich als Ergänzungsfamilie konstituieren, ihre sich selbst gesteckten Ziele kaum jemals erreichen dürften (Eckert-Schirmer 1997). Hier wirkt sich die schon in den gesetzlichen Vorgaben bestehende Unklarheit ungünstig aus. Betrachtet man die Vollzeitpflege primär als Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe, lässt sich vermuten, dass eine Ergänzungsfamilie kaum funktionieren kann, „weil elementare psychologische Kenntnisse und Zusammenhänge nicht berücksichtigt werden, die für das Konzept der Ersatzfamilie von Bedeutung sind“ (Westermann 2004), wie etwa die Wechselseitigkeit eines betonten Wunsches nach Elternschaft auf Seiten der Pflegeeltern und eines kindlichen Wunsches nach verlässlichen und vertrauenswürdigen Eltern, die Notwendigkeit der Verarbeitung der oftmals traumatischen Erfahrungen in einer Sicherheit garantierenden Beziehung und des Schutzes vor weiterer Gefährdung durch die leiblichen Eltern. Konzipiert man hingegen Vollzeitpflege primär als eine zeitlich befristete Form der Erziehungshilfe für die leiblichen Eltern, ist schwer zu sehen, wie eine solche Ergänzungsfamilie es schaffen soll, nicht nur den Kindern, sondern auch deren leiblichen Eltern eine wirksame Hilfe zu sein. Schließlich gibt es keinen Zweifel, dass das Hilfreiche der Maßnahme Vollzeitpflege im Unterschied etwa zur Heimerziehung gerade in dem eindeutigen Angebot einer alternativen Eltern-Kind-Beziehung besteht, die sicherlich keineswegs ausschließlich, aber doch wesentlich eine Bindungsbeziehung ist, mithin eine Beziehung von Dauer. Wurden die Kinder etwa in ihrer Herkunftsfamilie misshandelt, besteht die vordringliche Aufgabe von Pflegeeltern darin, dafür zu sorgen, dass von den traumatisierenden Herkunftseltern keine Gefahr mehr ausgeht. Eine solche Funktion einer „sicheren Basis“ dürfte von „Ergänzungseltern“ kaum zu erfüllen sein. Die an die Pflegeeltern gerichtete Forderung, sie sollten ihre Elternschaft teilen, zumal mit Eltern, die ihr Kind nachweislich geschädigt haben, kann diese nur verunsichern, gar desorientieren und so deren Bindungsfunktion unterminieren. Der von ihnen ,,im Interesse der Kinder“ erwartete kooperative Umgang mit den leiblichen Eltern dürfte sie nicht nur emotional überfordern, sondern auch nicht selten das Vertrauen der Kinder in ihre Glaubwürdigkeit untergraben (Zenz 2000). Die Vermutung, „dass die Ersatzfamilie und damit die Elternrolle als latentes Ideal der Pflegefamilie viel verbreiteter ist, als die unterschiedlichen Konzepte professioneller und nur ergänzender Elternschaft nahe legen“ (Biermann 2001: 620), erscheint daher leicht nachvollziehbar.

Inwieweit dem Versuch, „den bisherigen Pflegeelternkonzepten der Ersatz- und Ergänzungsfamilie eine dritte Position des Umgangs mit doppelter Elternschaft gegenüber zu stellen, die beide bisherigen Modelle integriert“ (Gehres 2005), Erfolg beschieden wird, bleibt abzuwarten. Derzeit zumindest ist die bislang mitgeteilte empirische Basis dieses Vorschlags zu schmal und überdies auch nicht repräsentativ für das Pflegekindwesen (vgl. Westermann 2005). Angesichts der auch von dieser Forschergruppe beschriebenen traumatischen Kindheitserlebnisse wie „etwa sexueller Missbrauch, Hospitalismus, Suizid und Mord bei Familienangehörigen“ muss die Einlassung, dass es nicht darum gehe, „eine bessere, sondern eine andere Sozialisationspraxis zu etablieren" (Hillenbrand 2005), schon verwundern. Zumindest erscheint das als Erfolg dieses Projektes hervorgehobene Ergebnis, dass die ehemaligen Pflegekinder als junge Erwachsenen „heute ein weitgehend selbstständiges Leben führen", doch nicht unbedingt als optimal.


Aus bindungstheoretischer Perspektive erscheint daher die Vermutung plausibel, dass Pflegeeltern über eine hinreichend eindeutige zeitliche Perspektive bezüglich der Beziehung zu ihrem Pflegekind verfügen müssen als Voraussetzung für die von ihnen erwartete hohe emotionale Investition und für das Angebot einer Bindungsbeziehung für ihre durchaus „bindungsschwierigen“ Kinder. Um sichere Basis sein zu können, bedarf es einer ausreichenden Sicherheit bezüglich der eigenen Elternschaft. Insbesondere bei Pflegekindern, die in ihrer Herkunftsfamilie belastenden Erfahrungen ausgesetzt waren im Sinne einer Verwahrlosung und/oder Misshandlung, kann es dazu kommen, dass sie entweder kein Bindungsverhalten zeigen als Ausdruck einer reaktiven Bindungsstörung (vgl. Zimmermann 2001) oder dass ihr Bindungsverhalten sich in einem gestörten und störenden Bindungsverhalten von psychopathologischer Relevanz äußert (Boris/Zeanah 1999, Brisch 2002). Da davon auszugehen ist, dass das jeweilige Elternverhalten immer auch durch das Verhalten der Kinder bestimmt wird, besteht die Gefahr, dass Pflegekinder mit ihrem bindungsabweisenden oder gar bindungslosen Verhalten dafür sorgen, dass ihnen die gewünschten bindungskorrigierenden Erfahrungen vorenthalten werden (Dozier 2005). Kinder, bei denen eine Bindungsstörung vorliegt, die sich in Symptomen distanzloser Indifferenz zu den Bezugspersonen äußern kann, imponieren als „psychisch elternlose Kinder“ (Nienstedt/Westermann 1989). Ihre Pflegeeltern werden sich dementsprechend leicht als kinderlos erleben. Das Verhalten hochunsicher gebundener Kinder wird die Pflegeeltern leicht überfordern, insbesondere dann wenn sie um dessen Ursachen und Funktion nicht wissen und sich folglich als von ihrem Pflegekind abgelehnt fühlen. Auch werden sie angesichts eines drohenden Pflegeabbruchs um die Beziehung zu ihrem Pflegekind fürchten. Gegen die drohende Kränkung mögen sie sich mit einer emotionalen Distanzierung schützen, was auf Seiten des Pflegekindes zu einer weiteren Enttäuschung führen muss. Diese paradoxe und desorientierende Erfahrung, mit dem eigenen Verhalten die Bindungsperson zu ängstigen, ist allerdings Kindern mit einem desorganisierten Bindungsmuster aus ihrer Vergangenheit durchaus vertraut. Damit droht ihnen in der Pflegefamilie eine Wiederholung dieser Erfahrung im Sinne einer kumulativen Traumatisierung (vgl. Schleiffer 2003).

Im Vergleich zur Pflegefamilie dürfte diese Gefahr bei Adoptivfamilien nicht, zumindest nicht in diesem Ausmaß gegeben sein, ist in diesem Fall die Permanenz dieser Ersatzfamilie rechtlich abgesichert. Darauf verweist die Studie zur Bindungsentwicklung bei vernachlässigten und/oder misshandelten Kindern in Adoptivfamilien von Hodges und Mitarbeiter (2003). Demnach ermöglichte es ihnen das Vertrauen in eine dauerhafte Verfügbarkeit der neuen Bindungspersonen, ihre prekären Erfahrungen mit ihren leiblichen Eltern zu verarbeiten. Dies gelang allerdings nur, wenn das den Adoptiveltern zur Verfügung stehende Bindungskonzept nicht desorganisiert-unsicher, sondern ausreichend sicher erschien. Dem Adoptivstatus kommt jedenfalls eine protektive Bedeutung zu (vgl. Schleiffer 1997, Nickman et al. 2005).

 

 

5. Anforderungen an Pflegeeltern

 

 

Die immer wieder traumatisierende Vorgeschichte der Pflegekinder und der besondere Status von Pflegeeltern führen dazu, dass es für letztere im Vergleich zu leiblichen Eltern schwieriger ist, für ihre Kinder als sichere Basis zur Verfügung zu stehen. Gerade für eine Korrektur eines bei der Aufnahme in der Pflegefamilie bestehenden desorganisiert-desorientierten Bindungsmuster ist ein hohes Maß an Eindeutigkeit erforderlich. Diese Eindeutigkeit zu gewährleisten, ist für Pflegeeltern nicht leicht, zumal von ihnen eine Öffnung ihrer Familiengrenzen erwartet wird, nicht nur gegenüber den leiblichen Eltern ihres Pflegekindes, sondern auch gegenüber dem Jugendamt, dem Familiengericht oder der Beratungsstelle (vgl. Sauer 2003). Die Vollzeitpflege nimmt gegenüber den anderen Hilfeformen auch insofern eine Sonderstellung ein, „als sich hier der öffentliche Träger der Jugendhilfe eines privaten – eines von der Verfassung geschützten – Lebensraumes, nämlich der Familie, bedient“ (Salgo 2001). Ein Widerspruch muss sich auftun: Gerade das Spezifikum dieser Hilfeform, die grundgesetzlich geschützte Privatsphäre einer Familie, die auch dem Pflegekind Schutz und Sicherheit gewähren soll, wird eingeschränkt, um sie als Hilfeform einzusetzen.

Insofern ist auch die behördliche Praxis, Pflegeeltern zu professionalisieren, durchaus mit Skepsis zu betrachten. So sehr auch die Erziehungsprobleme vieler Pflegekinder eine hohe erzieherische, bisweilen gar therapeutische Kompetenz auf Seiten der Pflegeeltern erforderlich machen, so widerspricht „die Hineinnahme beruflicher Orientierungsmuster und eines beruflichen Beziehungsmodus in die konkrete Interaktion mit dem Kind“ (Blandow 2001) der für die moderne Familie typischen Kommunikationsweise, die gerade durch eine thematische Offenheit, durch eine „enthemmte Kommunikation“ bei fast unbeschränkter Auskunftspflicht (Fuchs 1999: 93ff.) kennzeichnend ist. Insbesondere im Kontakt mit den leiblichen Eltern wird es etwa den Pflegeeltern schwer fallen, sich moralisch indifferent zu verhalten und sich einer moralischen Kommunikation zu versagen. Von ihnen ist eine „Allparteilichkeit“ als Zeichen von Professionalität im Sinne der familientherapeutischen Maxime nicht zu verlangen. Im Gegenteil wird von liebenden Eltern doch eher eindeutige Parteilichkeit verlangt. Dementsprechend finden sich auch in der diesbezüglichen Literatur lediglich Forderungen nach einer „sanften Professionalisierung“ (Gintzel 1996: 15), nach einem „Stück Professionalität“ (Wiemann 2002) und nach „quasi-professioneller Kompetenz“ (Biermann 2001: 625).


Auf Pflegeeltern kommen also besonders hohe Anforderungen zu, wollen sie ihren Pflegekindern die Entwicklung einer sicheren Bindung bzw. die Korrektur eines unsicheren Bindungskonzeptes ermöglichen. Sie sollten zum einen selbst über ein ausreichend hohes Maß an eigener Bindungssicherheit verfügen. Zum anderen sollten sie um die Bedeutung von Bindungsbeziehungen sowie um deren Funktion wissen, um sich ihren Pflegekindern in Kenntnis der Funktion deren häufig erwartungswidrigen und enttäuschenden Verhaltens anzupassen. Sind Pflegeeltern auf die zu erwartenden Schwierigkeiten und Enttäuschungen nicht ausreichend vorbereitet, besteht die Gefahr, dass sie mit ihren Reaktionen ein bereits vorhandenes desorganisiert-unsicheres Bindungskonzept ihrer Pflegekinder noch weiter verunsichern. Angesichts der Komplexität dieser Form der Fremdplatzierung und der ihr inhärenten Widersprüchlichkeit, die sich durchaus desorganisierend auswirken kann, bedürfen Pflegeeltern in hohem Maße der Unterstützung von Seiten der zuständigen Behörden. Sie sollten erwarten dürfen, dass die notwendigen Voraussetzungen zur Erfüllung ihrer Aufgabe auch geschaffen werden. Vor allem benötigen sie ein ausreichendes Ausmaß an Sicherheit und Eindeutigkeit, um in der Lage zu sein, den ihnen anvertrauten Kindern tatsächlich als sichere Basis zur Verfügung zu stehen.


Aus bindungstheoretischer Sicht spricht viel dafür, dass dies in einer Pflegefamilie, die sich als Ersatzfamilie definiert, eher möglich ist als in einer Pflegefamilie, die sich als Ergänzungsfamilie versteht. Jedenfalls dürfte eine „unsichere Elternschaft“ (Hermann 2004) die Entwicklung sicherer Bindungsbeziehungen behindern und bindungskorrigierende Erfahrungen eher erschweren.

 

 

6. Abschließende Bemerkungen

 

 

Auch aus einer bindungstheoretischen Perspektive erscheint es vermessen, die aufgezeigten Widersprüche, die sich anlässlich der Fremdplatzierung eines Kindes in eine Pflegefamilie auftun, sämtlich auflösen zu wollen. Zu divergierend sind schon die Interessen der Personen, die an dieser Jugendhilfemaßnahme beteiligt sind. Letztlich sind die Widersprüche auf die Tatsache zurückzuführen, dass immer wieder Eltern für ihr Kind nicht ausreichend und angemessen Sorge tragen, ein gerade in Zeiten allseits verfügbaren Geburtenkontrolle letztlich skandalöser, die Norm „verantworteter Elternschaft“ (Kaufmann 2005) gröblich verletzender Sachverhalt.


Angesichts der fast immer verwirrenden Erfahrungen, die Pflegekinder mit ihren leiblichen Eltern haben machen müssen, erscheint es dringend erforderlich, dass diese Jugendhilfemaßnahme eine Reduzierung der Uneindeutigkeiten anstrebt. Auch wenn eine eindeutige Klärung der massiv ambivalenten Beziehungen kaum jemals zu erreichen sein dürfte, sollte jedenfalls doch Sorge dafür getragen werden, dass diese Maßnahme nicht noch zu einer weiteren Verunsicherung des Kindes führt. Insofern kann es nur darum gehen, im Interesse des Kindes nach der „am wenigsten schädlichen Alternative“ (Goldstein et al. 1973) zu suchen. Die Ergebnisse der entwicklungspsychopathologischen Risikoforschung sprechen zumindest nicht für den homöopathischen Grundsatz des „Similia similibus curentur“ (Hahnemann 1796), sondern lassen doch eher einen kumulativ negativen Effekt anlässlich fortgesetzter desorganisierender Erfahrungen befürchten. Darüber, wie dies zu vermeiden ist, ist man derzeit allerdings aufgrund des Mangels empirisch abgesicherter Befunde doch weitgehend auf theoretische, durchaus spekulative Erörterungen sowie auf bloße Hoffnungen angewiesen. Dass Forschung dringend erforderlich ist, darüber zumindest dürfte Einigkeit bestehen.

 

 

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